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Interview

«Ich wollte schon als Lernender selbständig sein.»
Luc Musy, Präsident AM Suisse Nordwest, über Karrierechancen im Handwerk und seinen eigenen Werdegang.
«kmu news»: Herr Musy, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Tag in der Lehre – und wussten Sie damals schon, wohin Ihr Weg führen würde?
Luc Musy: Ich kann mich vage erinnern. Was ich sicher weiss: Ich hatte damals nicht viel Ahnung, was mich erwartet. Eigentlich wollte ich ja Landwirt werden. Doch meine Eltern meinten, dass es finanziell schwierig würde, einen eigenen Betrieb zu kaufen. Also habe ich Schnupperlehren gemacht – im Metallbau, als Gärtner und als Landmaschinen-mechaniker. Am Ende entschied ich mich für den Metallbau und habe die Ausbildung bei der Firma Fünfschilling gemacht und diesen Schritt nie bereut. Von Anfang an faszinierte mich die Vorstellung, etwas zu erschaffen, das Jahre oder Jahrzehnte Bestand hat.
Ihr eigener Karriereweg ist beeindruckend: Vom Lehrling zum Unternehmer und Präsident eines Branchenverbands. War dieser Weg geplant?
Ich wusste früh, dass ich mich selbständig machen wollte. Am liebsten schon als Lernender! (lacht) Aber mir wurde geraten, zuerst Erfahrung zu sammeln und mich weiterzubilden. Ich machte nach der Lehre Weiterbildungen zum Metallbaumeister, Projektleiter und diplomierten Metallbautechniker SMT-TS. Diese Kombination aus Praxis und Weiterbildung hat mir den Weg in die Selbständigkeit geebnet.
Wie kam es dann zur Übernahmevon Fünfschilling?
Ich arbeitete bereits wieder einige Jahre dort, als ab 2007 ein Management-Buyout zur Diskussion stand. Gemeinsam mit Cyrill Hunkeler wagte ich den Schritt. 2010 haben wir das Unternehmen übernommen – damals mit 15 Mitarbeitenden. Heute sind es 30. Der Unterschied zwischen Unternehmertum und angestellt sein, ist enorm. Plötzlich trägt man die volle Verantwortung für die Firma, die Mitarbeitenden und deren Familien. Das ist eine grosse Herausforderung, aber auch eine erfüllende Aufgabe.
Viele Jugendliche entscheiden sich heute für ein Studium. Was kann das Handwerk jungen Menschen bieten, das oft übersehen wird?
Ganz einfach: Freude an der Arbeit. Man sollte das tun, was einem wirklich gefällt – und nicht das, was andere von einem erwarten. Ich sehe oft, dass Jugendliche den akademischen Weg wählen, weil Eltern oder das Umfeld es so wollen. Aber wenn jemand gerne mit den Händen arbeitet, warum dann nicht ins Handwerk? Die Branche hat sich enorm entwickelt. Früher standen wir mit dem Winkelmass und Meter auf der Baustelle. Heute arbeiten wir mit hochpräzisen 3D-Scannern und digitalen Planungstools. Handwerk ist nicht altmodisch, sondern innovativ.
In Ihrer Funktion als Präsident von AM Suisse Nordwest vertreten Sie zahlreiche Betriebe. Was beschäftigt diese aktuell am meisten?
Drei Dinge: Erstens die Bürokratie. Besonders in Basel-Stadt sind die administrativen Hürden enorm. Wenn ein Unternehmen an mehreren öffentlichen Ausschreibungen teilnimmt, muss es jedes Mal dieselben Formulare von Grund auf neu ausfüllen und einreichen. Copy-Paste? Fehlanzeige. In Baselland ist das weniger problematisch. Zweitens macht uns der Wohnschutz zu schaffen. Viele Betriebe sind darauf angewiesen, Gebäude zu sanieren, aber der regulatorische
Aufwand ist riesig. Drittens: der akute Arbeitskräftemangel – es wird auch in unserer Branche immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu finden.
Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, hat der Gewerbeverband
Basel-Stadt gemeinsam mit den Berufsverbänden die Handwerkskampagne ins Leben gerufen. Warum braucht es diese gerade jetzt?
Weil wir nicht länger warten können. Das Handwerk ist ein zentraler Pfeiler unserer Wirtschaft – und ohne Handwerkerinnen und Handwerker werden wir die Klimaziele 2037 nicht erreichen. Die Kampagne spricht gezielt drei Gruppen an: Junge Leute vor der Berufswahl, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sowie Frauen, die sich für einen Handwerksberuf interessieren. Und ich kann mit Stolz sagen: Von unseren acht Lernenden in der Werkstatt sind zwei Frauen. Auch die Leitung der Berufsbildung sowie der Service- und Montageabteilung liegt in der Hand von Frauen.
Wenn Sie heute nochmals am Anfang Ihrer Karriere stehen würden – würden Sie wieder ins Handwerk gehen?
Definitiv. Ich liebe, was ich tue. Wer einen Beruf wählt, den er liebt, muss eigentlich keinen Tag mehr arbeiten. Handwerk ist kreativ, herausfordernd und erfüllt mich mit Stolz. Wer einen Beruf sucht, bei dem man am Abend sehen kann, was man geleistet hat, ist hier genau richtig.
Wir sind Zukunft.
Wir sind Handwerk.
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