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Interview

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«Ich wollte raus aus dem Schulzimmer, an die frische Luft, mit den Händen arbeiten.»

Im Garten- und Landschaftsbau treffen Natur, Kreativität und Technik aufeinander – wie bei AvantGarten in Riehen.

«kmu news»: Herr Leitner, was hat Sie ursprünglich ins Handwerk geführt – und ganz konkret in den Garten- und Landschaftsbau?

Steven Leitner (SL): Ich wusste damals vor allem eines: Ich wollte nicht weiter die Schulbank drücken. Ich wollte raus aus dem Schulzimmer, an die frische Luft, mit den Händen arbeiten. Ein Freund aus der Pfadi hat mich auf den Beruf gebracht. Ich machte verschiedene Schnupperlehren, unter anderem als Förster. Aber Landschaftsgärtner hat mich am meisten überzeugt. Technik, Kreativität, Natur, Teamarbeit. Kein Tag ist wie der andere.

Frau Kleiss, Herr Borer – wie war das bei Ihnen?

Emilie Kleiss (EK): Ich habe in Frankreich das Baccalauréat gemacht, wusste aber, dass ich nicht studieren möchte. Ich nahm mir bewusst ein Jahr Zeit zur Orientierung. Nach einigen Schnupperlehren war klar: Der Gartenbau ist genau das Richtige für mich.
 

Momčilo Borer (MB): Ich hätte problemlos ans Gymnasium gehen können. Aber das hat mich nicht gereizt. Ich habe in der Sekundarschule schon in der ersten und zweiten Klasse Schnupperlehren gemacht. Die Arbeit draussen, die Vielseitigkeit beim Landschaftsgärtner EFZ – das hat mich sofort gepackt.

Was schätzen Sie denn besonders an Ihrem Beruf?

EK: Es ist jedes Mal ein Highlight, wenn man nach Monaten wieder an einen Ort zurückkommt und sieht, wie sich ein Projekt entwickelt hat. Und wenn die Kundinnen und Kunden am Schluss richtig begeistert sind, dann gibt einem das ein gutes Gefühl.
 

MB: Das stimmt. Und am Abend sieht man immer, was man gemacht hat.
 

SL: Und genau das ist das Schöne an unserem Beruf: Die Arbeit hat Substanz. Man sieht, was man tut. Und man kann stolz drauf sein. Ich finde es übrigens stark, wie offen beide hier ihren Weg gefunden haben. Das ist nicht selbstverständlich.

Trotzdem: Der Einstieg ist körperlich fordernd, oder?

MB: Klar. Ich bin in den ersten Wochen meiner Lehre jeden Abend um 9 Uhr ins Bett gefallen. Aber man gewöhnt sich schnell an den Arbeitsrythmus – und heute möchte ich keinesfalls auf die körperliche Arbeit verzichten.
 

EK: Bei mir war es genauso. Die Umstellung von der Schulbank auf körperliche Arbeit ist zwar kein Zuckerschlecken. Aber es tut auch gut. Man wird fit, merkt, was man kann.

Herr Leitner, wie wichtig sind Lernende für Ihr Unternehmen – über das Tagesgeschäft hinaus?

SL: Extrem wichtig. Lernende bringen neue Sichtweisen mit. Sie stellen gute Fragen. Und sie machen den Betrieb lebendig. Bei uns durchlaufen sie verschiedene Standorte, lernen verschiedene Teams kennen. Das schweisst zusammen – und macht sie fit für die Zukunft.

Wie sieht es mit den Perspektiven aus? Was ist das Ziel nach der Lehre?

EK: Ich bleibe auf jeden Fall in der Branche. Ich möchte mich weiterbilden – nicht stehen bleiben.
 

MB: Mein Ziel ist, möglichst viel Erfahrung zu sammeln – und vielleicht einmal ein eigenes Unternehmen zu führen. Aber zuerst möchte ich wirklich richtig gut werden in dem, was ich tue.
 

SL: Genau so muss es sein. Und es freut mich, das zu hören. Ich sehe es bei vielen: Eine Lehre im Gartenbau ist kein Endpunkt – es ist der Anfang, die Basis für eine tolle berufliche Karriere.

Was macht den Beruf heute besonders attraktiv?

SL: Der Beruf ist heute deutlich moderner als früher. Arbeitssicherheit hat enorm an Bedeutung gewonnen – von Gehör- bis Augenschutz. Die Maschinen sind umweltfreundlicher, elektrifiziert, geruchsärmer. Auch organisatorisch hat sich viel getan: Unser Verband ist heute professioneller aufgestellt.

Warum, glauben Sie, ist das Image des Handwerks trotzdem oft schwach?

SL: Weil man es immer noch unterschätzt. Viele denken: Das ist halt etwas für die, die in der Schule nicht gut waren. Aber das ist falsch. Wer bei uns nicht rechnen kann, hat ein Problem. Wer nicht mitdenken kann, sowieso. Und trotzdem kämpfen wir mit Vorurteilen. Auch deshalb unterstützen wir als JardinSuisse beider Basel die Handwerkskampagne. Ich begrüsse auch sehr, dass zunehmend Frauen in die Branche kommen – das hat sich in den letzten 20 Jahren stark verbessert.

Wie sehen das die Lernenden? Was würden Sie anderen Jugendlichen raten?

EK: Lasst euch nicht stressen. Hört auf euch selbst. Die Entscheidung für einen Beruf ist etwas Persönliches – und niemand anders weiss besser, was euch entspricht.
 

MB: Macht möglichst viele Schnupperlehren. Und wenn ihr euch entschieden habt, zieht’s durch. Es ist normal, dass nicht alles einfach ist – aber dranbleiben lohnt sich.

Und was sagen die Eltern, die lieber einen akademischen Weg sehen würden?

EK: Unterstützt eure Kinder dabei, ihren eigenen Weg zu finden. Der muss nicht immer durch die Universität führen.

SL: Absolut. Im Handwerk steckt unglaublich viel Potenzial – und jede Menge Zukunft.

Wir sind Zukunft.
Wir sind Handwerk.

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